Wie aus Zigeunern Sinti und Roma wurden: Woher kommt der Begriff „Zigeuner“ bzw. was bedeutet er? Wann ist man ein Sinti und Roma?

Lange Zeit war „Zigeuner“ als Bezeichnung einer bestimmten oder unbestimmten Bevölkerungsgruppe sehr geläufig. Doch seit einiger Zeit ist dieser häufig abwertend gemeinte Ausdruck aus dem öffentlichen und privaten, deutschen Sprachgebrauch verschwunden. Doch welche Bevölkerungsgruppe wurde damit meistens gemeint und wie ist die heutige, politisch korrekte Bezeichnung für diese Menschen?

Der Ausdruck „Zigeuner“ früher

Seit den Anfängen des 15. Jahrhunderts ist das Wort „Zigeuner“ als Bezeichnung für fremde, von der Mehrheitsbevölkerung abweichende Menschen geläufig. Im Laufe der Zeit haben sich zwei unterschiedliche Verwendungsformen herauskristallisiert. Zum einen als eine unbestimmte Sammelkategorie, die Menschen beschrieb, die unstet und ohne festen Wohnsitz waren und durch von der Norm abweichendes bzw. kriminelles Verhalten auffielen.

Diese sehr abwertende Bezeichnung wurde dann für die Volksgruppe der Sinti und Roma übertragen. Besonders im Nationalsozialismus war diese Bezeichnung nur für eben jene Menschen gedacht. Vor und nach diesem dunklen Kapitel deutscher Geschichte, galt dieser Begriff für alle Minderheiten und Ethnien, die einen nomadischen Lebensstil pflegten.

Die Sinti und Roma

Die politisch korrekte Bezeichnung für die Bevölkerungsgruppe, die früher Zigeuner genannt wurden, ist heute Sinti und Roma. Unter diesem Namen ist eine Vielzahl verschiedener Minderheiten gefasst, die alle einem ähnlichen Lebensstil folgen. Sie sind in vielen Ländern der Welt beheimatet, bilden aber stets eine Minderheit. Dabei splitten sie sich in der Regel in kleine Gruppen auf, die jeweils mit einer eigenen Sprache, Kultur und eigenen Traditionen von der Majorität der jeweiligen Bevölkerung abweichen. Aus diesem Grund sind sie in den 700 Jahren, die sie mittlerweile in Europa beheimatet sind, ständigen Anfeindungen und Ausgrenzungen ausgesetzt.

Besonders im Nationalsozialismus wurden die damals noch als Zigeuner bezeichnete Volksgruppe verfolgt. Schätzungen gehen davon aus, dass diesem Genozid (dem Porajmos) in Europa bis zu einer Million Menschen zum Opfer fielen. Doch auch noch heute sind sie öffentlichen Anfeindungen und politischer Verfolgung ausgesetzt. So schlug erst vor kurzem der italienische Innenminister Salvini vor, alle Roma zählen zu lassen und erinnerte damit stark an die Methoden der Nationalsozialisten.

Mit „Zigeunern“ verknüpfte Vorurteile

Die wenigsten Menschen haben bereits Erfahrungen mit den Sinti und Roma gemacht und doch benutzen auch heute einige Menschen gerne den Begriff Zigeuner. Besonders politisch Rechte sehen in ihm nach wie vor die korrekte Bezeichnung für Sinti und Roma. Dahinter versteckt sich eine Vielzahl von Vorurteilen, die mit der Realität allerdings wenig zu tun haben. So sollen „Zigeuner“ angeblich auf Kosten anderer leben, sie bestehlen und betrügen. Angebliche Bettler in der Fußgängerzone sollen dieser Bevölkerungsgruppe angehören und den Menschen das Geld aus der Tasche ziehen. Zudem seien sie schmutzig und würden ziellos umherziehen.

All diese Behauptungen sind in der heutigen Zeit an den Haaren herbeigezogen. Die meisten der Sinti und Roma ziehen (mittlerweile oder schon lange) nicht mehr in Wohnwagen umher, sie sind sesshaft geworden und leben ein normales Leben. Allerdings sind besonders im Osten Europas diese Vorstellungen von „Zigeunern“ noch sehr präsent und münden in einer starken Feindseligkeit gegenüber diesen Menschen.

Sinti und Roma in Deutschland

In Deutschland ist die Bezeichnung Zigeuner mittlerweile aus dem Sprachgebrauch verschwunden, dennoch haben Ressentiments gegenüber Sinti und Roma noch immer einen festen Platz in der deutschen Gesellschaft. Und das obwohl wohl die wenigstens überhaupt schon einmal einen Sinti und Roma getroffen hat, denn es leben nur etwa 120.000 überhaupt in Deutschland.