Macht das Internet und unser digitales Erbe uns unsterblich?

Internetnutzer hinterlassen im digitalen Zeitalter zahlreiche digitale Spuren. Kaum ein Nutzer macht sich über das Schicksal der Unmengen an persönlichen und geschäftlichen Daten nach dessen Tod Gedanken. Verwaiste Online-Profile, digitale Abbilder erfüllter Werdegänge, intime Nachrichten von E-Mail-Accounts bleiben im Cyperspace immer bestehen.

Digitale Medien und Dienste

  1. Daten in sozialen Netzwerken und Partnerbörsen (Facebook, Xing, Parship usw.),
  2. E-Mail-Konten,
  3. Mitgliedschaften bei kostenpflichtigen Multimediadiensten (wie iTunes und NetFlix),
  4. Online-Banken und Versicherungen,
  5. Internetbezahlsysteme und Währungssysteme (PayPal und Bitcoins),
  6. Online-Auktionshäuser und -Bestellungen (eBay und Amazon),
  7. Online-Wettbüros (bwin, Tipico),
  8. Domainrechte und Homepage,
  9. Elektronische Musik-, Bücher- und Fotosammlungen (wie E-Books und Instagram),
  10. Externe und interne Datenträger (USB-Sticks und Festplatten).

Schritte verstummen – digitale Fußspuren bleiben

Deine Schritte werden verstummen, Deine digitalen Fußspuren aber bleiben. Das Recht, sie verwischen zu dürfen, ist im digitalen Zeitalter wichtiger Bestandteil des Persönlichkeitsschutzes. Die Diensteanbieter dürfen den Erben den Schlüssel zum digitalen Postfach des Erblassers daher grundsätzlich nicht aushändigen, es sei denn, die Herausgabe entspricht dessen ausdrücklichem oder mutmaßlichem Willen.

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und Privatheit auf Distanz

Deutsche Gerichte sollten dem Geheimhaltungsvertrauen Verstorbener entsprechend dem Stellenwert des Persönlichkeitsschutzes in unserer Verfassung ein höheres Gewicht einräumen. Sie sollten den Angehörigen den Zugang zum Account grundsätzlich verwehren, soweit nicht lediglich vermögensrechtliche Rechtspositionen im Raum stehen. Deren Durchsetzung müssen die Diensteanbieter als „Tresorverwalter“ den Erben ermöglichen.

Die Idee des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und Privatheit auf Distanz würde wie eine Seifenblase zerplatzen, wenn sich die Nutzer nicht darauf verlassen könnten, dass ihre Daten auch nach Ihrem Tode nur denjenigen zugänglich gemacht werden, denen sie diese zugänglich machen wollten. Die Entfaltung der Persönlichkeit im Informationszeitalter wäre namentlich erheblich gehemmt, müssten Nutzer befürchten, ihre personenbezogenen Daten würden nach ihrem Tode zum Spielball der Nachwelt.

Was für die durch ein Passwort als Geheimhaltungsschutz gesicherten Account-Daten eines Verstorbenen gilt, hat nicht in gleicher Weise für die im Internet öffentlich einsehbaren Daten, beispielsweise einer privaten Homepage, Gültigkeit. Für sie und die auf sie bezogenen datenschutzrechtlichen Rechte kommt den Angehörigen ein zeitlich (sinnvollerweise auf 30 Jahre) befristetes Wahrnehmungsrecht zu.

Ausblick

Auch Plattformen für die digitale Unsterblichkeit wie Stayalive.com schießen gegenwärtig wie Pilze aus dem Boden: Menschen können sich dort zu Lebzeiten ein virtuelles Mausoleum errichten. Angehörige Können Fotoalben und Kondolenzbücher anlegen und Beileidsbekundungen auf den Weg bringen.

Die Trauerkultur erfährt einen grundlegenden Wandel: Das digitale Leichenbegängnis trägt dazu bei, die räumliche Verbannung von Tod und Trauer aus dem gesellschaftlichen Alltag abzuschwächen. Das Internet wird zur Gedenkstätte. Die Trauer des digitalen Zeitalters hat ein anderes Gesicht und neue Ausdrucksformen.