Psychologische Kriegsführung im innerfamiliären Bereich

In unserer gegenwärtigen Welt weiß man nie was man zu sehen bekommt, schlägt man die Zeitung auf oder schaltet den Fernseher ein. Verstörende Bilder des Terrors können viszerale Reaktionen auslösen, egal wie nah oder weit weg von zu Hause das Ereignis passiert ist. Manchmal ist es hautnah, denn auch in Familien tobt der psychologische Krieg.

Psychologische Kriegsführung – Was ist das eigentlich?

Im Laufe der Geschichte hat jeder militärische Konflikt Strategien der psychologischen Kriegsführung auf die eine oder andere Art mit sich gebracht. Ziel ist es dabei, die Moral des Gegners zu brechen und so den Widerstand zu schwächen. Die psychologische Kriegsführung, Neudeutsch auch Psywar genannt, arbeitet mit mentalen Mitteln. Diese können in Familien tiefere Wunden verursachen, als eine Ohrfeige oder die Tracht Prügel auf den Allerwertesten. Und diese Wunden heilen schlecht – manchmal nie!

Angst erzeugen und Macht ausüben

Die psychologische Kriegsführung spielt mit der Angst und wird von Eltern ihren Kindern gegenüber ebenso eingesetzt, wie umgekehrt. Das beginnt bereits im Säuglingsalter. In der instinktiven Absicht, die Bindung zwischen sich und dem Kind zu festigen, verstecken sich Mütter vor ihrem Nachwuchs. Dieser Schreit wie am Spieß, denn Verlassensängste gehören bei Kindern zu den schlimmsten Alpträumen. Kaum können die Kleinsten krabbeln, revanchieren sie sich. In einem unbeobachteten Moment kriechen Sie in den Wäschekorb, in einen Schrank oder unter das Sofa und verhalten sich mucksmäuschenstill. Selbst auf das Rufen der bereits panischen Mutter reagieren sie nicht und lösen somit intensive Verlustängste aus.

Projizieren Sie Phobien auf Ihre Kinder? Ja!

Unwillkürlich werden Phobien innerhalb einer Familie übertragen. Wissenschaftliche Studien haben bewiesen, dass Kinder generell keine Angst vor Spinnen, Schlangen oder dem traurigen Gesicht eines Clowns haben. Fürchtet sich die ältere Schwester vor dem Zirkuskomiker, Mama hat Angst vor vielfüßigen Krabblern und Papa bevorzugt eine große Distanz zu Reptilien mit gespaltener Zunge, dann ist die Wahrscheinlichkeit extrem hoch, dass das jüngste Familienmitglied alle drei Ängste quasi erbt. Fatal wird es, wenn rein aus unbedachtem Spaß, beispielsweise zur Walpurgisnacht oder zu Halloween, Familienmitglieder gekonnt zu Tode erschreckt werden. Nur vordergründig steht dabei der Spaß im Fokus. Instinktiv, aus dem Unterbewusstsein gesteuert, wird Macht demonstriert. Ganz nach dem Motto: Ich mache mit dir, was ich will! Und nach einem gelungenen Streich wird immer wieder darüber gesprochen.

Terroristen agieren so!

Genau diese Taktik verfolgen auch Terroristen. Sie produzieren eine Bedrohung und lassen sie real werden. Dann veröffentlichen sie für gewöhnlich ein Bekennerschreiben. Anschließend genießen sie die Berichterstattung in den Medien, mit der sicheren Gewissheit, dass sie im ganzen Land, auf einem Kontinent oder weltweit Angst ausgelöst haben.

Ein Extremfall war die iranische Geiselkrise, die 1979 begann und 444 Tage andauerte Aber sie hatte ein glückliches Ende. Alle US-Geiseln wurden letztendlich unversehrt freigelassen. Allerdings hinterließ dieses Ereignis eine bleibende psychologische Wunde auf der Seele der meisten US-Amerikaner. Diese mussten hilflos zusehen und jeden Abend zählten die Nachrichtensender vor, wie viele Tage die Geiselnahme bereits andauerte. In Familien können mentale Foltern über Jahrzehnte bestehen.

Die Angst – das Ventil – die Katastrophe

In einer leichteren Form sind „Angst- und Machspiele“ in einer Familie ganz normal. In manchen Familien sind ausgeprägte Angstspiele jedoch in facettenreichen Variationen ein bestimmender Teil des Alltags. Dort bekommen die Kinder von morgens bis zum Abend mehrfach zu hören: Wenn du nicht sofort…, dann…!“

In ihrer gefühlten Wehrlosigkeit greifen Kinder dann zu obskuren Mitteln der Revanche. Es wird Geld aus Mamas Börse gestohlen oder Papas Auto hat plötzlich einen platten Reifen. Und in Extremfällen kann es dazu kommen, dass der Nachwuchs wegläuft. Oder er lässt seinen aufgestauten Aggressionen freien Lauf.