Wer waren die Evangelisten?

Du fragst Dich, wer die Evangelisten waren? Um das zu erklären, muss man etwas ausholen. Die Evangelien sind die vier ersten Schriften des Neuen Testaments. Das Neue Testament ist der jüngere Bestandteil der Bibel. Das Alte Testament, das in hebräischer und aramäischer Sprache geschrieben wurde, war wahrscheinlich gegen Ende des 1. Jahrhunderts nach Christus vollendet. Es umfasst die Schöpfungsgeschichte, Sündenfall und Vertreibung aus dem Paradies, Sintflut und Turmbau zu Babel sowie Verkündigungen, Gesetze und einiges mehr.

Die fünf ersten Bücher des Alten Testaments bilden die Thora. Die Thora ist die Heilige Schrift des Judentums. Das Neue Testament war bald darauf, im frühen 2. nachchristlichen Jahrhundert, abgeschlossen. Das ist erstaunlich, denn normalerweise haben Legendenbildungen und ihre Niederschrift einen zeitlich viel längeren Abstand zu den „tatsächlichen“ Ereignissen. Um die geht es also im Neuen Testament, das überwiegend in der altgriechischen Sprache Koine verfasst wurde.

Die frohe Botschaft der Evangelisten

Evangelium bedeutet Heilsbotschaft oder „frohe Kunde“. Gemeint ist einerseits die Verkündung Jesu selbst, andererseits die Berichte vom Leben, Wirken, Sterben und Auferstehen Jesu in den vier neutestamentarischen Evangelien. Die Verfasser der Evangelien heißen Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Es gibt weitere, sogenannte apokryphische Texte über das Leben Jesus Christus, die nicht in den Bibelkanon aufgenommen wurden. Dass Jesus Christus als historische Person existiert hat, ist inzwischen übrigens nahezu unstrittig.

Als Evangelisten galten in der urchristlichen Gemeinde Gehilfen oder Mitarbeiter der Apostel. Man könnte sich Matthäus, Markus, Lukas und Johannes als Sekretäre vorstellen, die die Ereignisse zwischen dem Jahr Null und 30 nach Christi Geburt in Jerusalem verfolgt und aufgezeichnet haben. Doch ganz so ist es nicht, zumal die Evangelien erst eine ganze Weile nach dem Tod Jesu verfasst worden sind. Die Evangelien beziehen sich ihrerseits auf die Briefe und Verkündungen der Apostel, den Jüngern Jesu. Matthäus und Johannes wurden teilweise sogar mit den gleichnamigen Aposteln gleichgesetzt. Die Schriften der Apostel entstanden aber auch erst nach Jesu Tod.

Legendenbildung um die Evangelisten

Die Evangelisten selbst sind als existierende Personen nicht wirklich zu fassen. Sie selbst wurden schließlich zu Legenden, die wie Heilige verehrt werden. Vielmehr handelt es sich bei den Zuschreibungen der Evangelientexte wohl teilweise um Willkür, die im Zuge der Kanonisierung der Bibel vorgenommen wurde. Die Urevangelien, so es sie denn gegeben hat, sind nicht mehr erhalten.

Die Namen der Evangelisten wurden erst nachträglich hinzugefügt. Texte, die beispielsweise zum Matthäusevangelium gehören, waren teilweise namenlos oder auch einfach nur mit „Apostel“ oder „Zöllner“ unterschrieben. Der Evangelist Markus wird mitunter auch als Johannes Markus bezeichnet und soll sein Wissen um den Heiland Jesu von Apostel Paulus erhalten haben. Lukas wiederum wird mit einem Arzt identifiziert, der Apostel Paulus begleitet haben soll. Es herrscht also reichlich Verwirrung und es ist stark anzunehmen, dass die Evangelisten als Einzelpersonen selbst Legenden sind.