Sind Nasenspitzenabdrücke eigentlich auch einmalig so wie bei Fingerabdrücken?

Hätten Nasenspitzen wie die Handinnenseiten und somit auch die Finger und die Fußsohlen Papillarleisten, wären sie sicherlich auch einmalig und könnten zur Personenidentifizierung und zu erkennungsdienstlichen Zwecken herangezogen werden. Aber die Nasenspitzen verfügen nicht über Papillarleisten, die auch Leistenhaut genannt wird.

Die menschliche Haut ist von oben nach unten folgendermaßen aufgebaut. Da gibt es die:

    1. 1. die Oberhaut oder Epidermis,
    1. 2. die Lederhaut oder Dermis und
    3. die Unterhaut oder Subcutis.

Schauen wir uns nun die Epidermis an, gibt es von außen nach innen folgenden Schichten:

  • Hornschicht oder stratum corneum
  • Glanzschicht oder stratum lucidum
  • Körnerzellenschicht oder stratum granulosum
  • Stachelzellenschicht oder stratum spinosum
  • Basalschicht oder stratum basale.

Die Oberflächenstruktur der Haut unterscheidet sich in Leistenhaut und Felderhaut. Nur in der Leistenhaut, und somit nur an Hand- und Fußinnenflächen, gibt es die Glanzschicht (stratum lucidum). Hier kann man Papillarlinien, auch Hautleisten genannt, erkennen. Diese Hautleisten entstehen dadurch, dass sich Lederhautpapillen in Längsreihen anordnen, und sie bilden ein individuelles Muster, das einmalig ist. Selbst bei eineiigen Zwillingen gibt es keine Dopplung.

Der Rest der Oberflächenstruktur der Haut ist die Felderhaut. Die Felderhaut ist im Vergleich zur Leistenhaut behaart (ja, auch an der Nasenspitze), hat eine weniger starke Hornschicht und vor allem fehlt die Glanzschicht mit all den Papillarlinien. Die Felderhaut hat außerdem Hautanhangsgebilde, zu denen u.a. Talgdrüsen, Haare und Schweißdrüsen gezählt werden.

Also, wenn Du mal einen Einbruch ins Juweliergeschäft planst, kannst Du Dir gerne die Nase am Schaufenster plattdrücken, aber gehe keinesfalls barfuß und vergiss nicht, Handschuhe zu tragen. Und falls Du doch Fingerabdrücke hinterlassen hast, dann hilft Dir noch die Mafiamethode weiter: Finger ab!

Heutzutage wird der Fingerabdruck ja zunehmend abgelöst durch den „genetischen Fingerabdruck“, also die DNA, die man mit Hautpartikeln, Schweiß usw. hinterlässt, und die biometrische Gesichtserkennung. Damit ist es nicht nur möglich, das Passbild von jemandem eindeutig zu bestimmen, sondern auch per Überwachungskamera Menschen auf größere Entfernung wieder zu erkennen und computergestützt massenhaft zu registrieren, ohne dass die Einzelnen jemals einen Fingerabdruck bei einer Polizeidienststelle abgegeben haben.

Der Fingerabdruck als Erkennungsmöglichkeit hat eine recht lange Entstehungsgeschichte, die bereits 1684 begann, als der Botaniker Nehemia Grew die charakteristischen Merkmale der Finger bzw. ihrer Hautstruktur untersuchte. Aber erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es Bedarf für den Einsatz von Fingerabdrücken, und zwar interessanterweise zunächst nicht in der Verbrechensbekämpfung, sondern in der Kolonialverwaltung: Die britische Kolonialregierung in Indien hatte große Probleme, die einheimischen Bevölkerungsgruppen zu unterscheiden. Aus ihrer Warte waren sie alle irgendwie gleich, obwohl es sich um recht unterschiedliche Völker mit vielen verschiedenen Sprachen und Kulturen handelte. Das führte oft zu Konflikten bei der Verteilung von Entgelten und sozialer Versorgung, die nach dem Prinzip „teile und herrsche“ unterschiedlich gehandhabt wurde. Identifikation mit Hilfe des Fingerabdrucks war hier eine einfach zu handhabende Methode. Von dort verbreitete sich der Fingerabdruck im 20. Jahrhundert von den Kolonialverwaltungen in die Polizeibehörden, Grenzstationen und Einwanderungsbehörden der ganzen Welt. Als Beweismittel vor Gericht wurde der Fingerabdruck in Großbritannien ab 1896 zugelassen.
Weitere Informationen zur Geschichte der Fingerabdrücke findest Du z.B. bei Planet Wissen.

Vielleicht kommt ja die Frage nach der Einmaligkeit der Nasenspitzenabdrücke auch daher, dass es dem Volksglauben entsprechend möglich ist, „jemandem an der Nasenspitze etwas ansehen zu können“? Wie zum Beispiel: „Du lügst, das kann ich Dir an der Nasenspitze ansehen“. Hier handelt es sich meist darum, zu meinen, die Gefühle eines anderen wahrzunehmen, (z. B. ob jemand die Wahrheit gesagt hat) und diese dann richtig zu deuten.

Vielleicht ist es aber auch nur eine Frage nach Einzigartigkeiten in einer identitätsgeschwächten Welt. Angesichts dessen, dass die Kolonialherren den Fingerabdruck nutzten, weil sie die Einzigartigkeit von Völkern und Individuen nicht sehen konnten oder wollten, sollten wir umso mehr verstehen lernen, dass alle Gesichter mit ihren Nasen einmalig und einzigartig sind – und zum Glück alle verschieden, genauso wie die Menschen, die auf dieser Welt leben.