Warum die Tiere nicht mehr zur Schule gehen (Die Schule der Tiere)
Warum gehen die Tiere nicht mehr zur Schule? Eine Parabel besagt, dass die Tiere früher einmal eine Schule hatten: nur für Tiere, mit eigenen Fächern. Aber bald schon merkte man, dass die Schule den Tieren nicht guttat. Deshalb schaffte man sie wieder ab. Könnten daraus auch Menschen lernen? Der Ursprung der Erzählung bleibt im dunkeln. Aber die Geschichte von der Schule der Tiere wurde schon vor langer Zeit in alternativen Schulen weitererzählt und geht so:
Inhalsverzeichnis
Die Geschichte von der Schule der Tiere
„Früher, als die Tiere noch zur Schule gingen, hatten sie drei Fächer: Schwimmen, Laufen und Klettern.
Das Eichhörnchen galt allgemein als schlechter Schüler. Nicht unbegabt vielleicht, aber es fehlte ihm in allen drei Fächern einfach an dem nötigen Selbstvertrauen. Das könnte damit zusammenhängen, dass es im Schwimmunterricht immer ins Wasser geworfen wurde.
Die Ente zeigte im Schwimmen eigentlich eine gute Veranlagung. Aber auch dort brachte sie nur mittelmäßige Leistungen zustande. Vermutlich, weil sie vom fleißigen Lauftraining immer ganz erschöpft war.
Der Adler schließlich galt allgemein als Problemkind: Im Kletterunterricht kam er zwar auf die höchsten Bäume – aber auf eine Methode, die im Lehrplan einfach nicht vorgesehen war.
Deshalb gehen die Tiere nicht mehr zur Schule.“
Herkunft und Kontext der Parabel von der Schule für Tiere
Die Geschichte von der Schule der Tiere ist natürlich ein Gleichnis, eine Parabel aus der Welt der Schule für Menschen.
Eine Lehrerin aus einer alternativen Schule erzählte sie nachts in einem Radio-Feature im Sendebereich West-Mecklenburg. Das war Anfang der 1990er, kurz nach der „Wende“ und der Vereinigung von BRD und DDR.1 Aufgrund des Umbruchs und der Wiedervereinigung flammte für kurze Zeit noch einmal eine grundsätzlichere Diskussion um unterschiedliche Schul-Konzeptionen auf.
Die Lehrerin erzählte, dass sie an einer reformpädagogischen Schule tätig sei, wo die SchülerInnen sich selbstbestimmt Inhalte erarbeiteten. Sich selbst sah sie dabei als Anregerin und Helferin, nicht als Ansagerin oder gar Zensurenverteilerin. Wenn die Schüler in einer Lerngruppe nicht weiter wussten, kamen sie zu ihr und fragten.
Hintergrund Reformpädagogik und alternative Schulmodelle
Alternative Schulkonzepte wie die schulische Reformpädagogik entstanden praktisch gleichzeitig mit der Einführung einer allgemeinen Schulpflicht in Deutschland (1919). Die offizielle Schulpolitik beruhte von Anfang an hauptsächlich auf einem vorgegebenen Stufenmodell von Inhalten und Normen, die in einem für alle verbindlichen Lehrplan beizubringen und zu erfüllen waren. Auf diese Inhalte gründete die Schule ihre durchgehende Leistungs-Beurteilung in Form von Zensuren und Schulabschlüssen.2
Im Unterschied dazu suchten verschiedene reformpädagogische, auch so genannte freie oder alternative Schulen ihre Grundlagen in der jeweiligen Motivation und Begabung der SchülerInnen. Diese seien naturgemäß von Person zu Person unterschiedlich, genauso wie die individuellen Lernwege der Heranwachsenden. Andererseits könne man stets davon ausgehen, dass Kinder von sich aus lernen und kooperieren wollen. Daher sei ein äußerlicher Druck, etwa durch Leistungsbeurteilung, überflüssig.
Pädagogische Alternativen
Theoretische Begründen der Reformpädagogik kann man schon in der Epoche der Aufklärung finden, etwa bei Pestalozzi, auf den sich noch heute zahlreiche pädagogische Strömungen berufen.3 In unserer Zeit war und ist die Schule Summerhill eine sehr konsequente und daher stark diskutierte Variante einer alternativen Schule. Summerhill wurde 1921 in England als Internat gegründet und existiert bis heute.4 Sie hatte ihre direkte Vorläuferin in der „Neuen Schule Hellerau“, die bereits 1920 in einem damaligen Vorort von Dresden entstand.5
Der Gründer von Summerhill, Alexander Sutherland Neill, bezeichnete seine pädagogische Praxis nicht als „antiautoritär“. Er benannte sie auch nicht nach irgend einem Vorgänger in der philosophisch-pädagogischen Theorie, sondern pragmatisch als „selbstregulative Erziehung“.6 Diese verstand die SchülerInnen nicht als pädagogisches Objekt vorher fixierter Entwicklungswege, sondern als ihr Subjekt. Entsprechend ist in Summerhill die Teilnahme am Unterricht freiwillig. Hausarbeiten, Zensuren und Prüfungen gibt es nicht. Die Regeln der Schule werden in wöchentlichen Schulversammlungen diskutiert und beschlossen. In diesen Schulversammlungen hat jeder Schüler ebenso wie jede Lehrerin und auch der/die DirektorIn je eine Stimme.
Den vielen alternativ pädagogischen Ansätzen in den 1920ern setzte in Deutschland dann der Faschismus ein abruptes Ende. Das Buch von A.S. Neill über Summerhill wurde 1960 in den USA und England ein Bestseller, floppte aber im autoritären Nachkriegsdeutschland. Erst mit der Jugendrevolte der 1968er und der sprachlichen Anpassung seines Titels an deren Jargon wurde es auch in der Bundesrepublik – jedenfalls theoretisch – erfolgreich.7
Gründe und Grenzen alternativer Ansätze: Schule als Sortieranlage
Auch heutzutage gibt es wieder vermehrt Ansätze reformpädagogisch orientierter, freier oder alternativer Schulen jenseits oder am Rande des staatlichen Schulsystems. Das mag viele Gründe haben. In den letzten Jahrzehnten wird der Aspekt des Leistungsdrucks in Schule und Gesellschaft verstärkt wahrgenommen und diskutiert, aber auch die Ineffizienz des Schulsystems in bezug auf die Integration insbesondere schulfernerer Schichten in die Gesellschaft.8 Die Mechanismen der Auswahl und Sortierung von Menschen in Schule und Gesellschaft bestärkten, so ihre Kritiker, eine zunehmende soziale und wirtschaftliche Gruppenbildung und förderten letztlich eine Spaltung der Gesamtbevölkerung in Nutznießer/Gewinner des Wettbewerbs einerseits und durch Veränderungen Bedrohte bzw. (potenzielle) Verlierer andererseits.9
Allgemein hat die Schule nach den Grundsätzen unserer Zivilisation die Aufgabe, Bildung und Lernen für alle gleichermaßen zu ermöglichen. Aber darüber hinaus ist ihr noch eine zweite Funktion zugewiesen: Sie ist immer auch eine Sortieranstalt in bezug auf berufliche Möglichkeiten und sozialen Status.10 All die unterschiedlichen reformpädagogischen Ansätze finden ihre Grenzen in der Rolle der Schule als Beurteilungs- und Auswahlsystem: Spätestens der Schulabschluss, sei es Haupt- oder Realschulabschluss oder auch Abitur,11 und darin die Sortierung in Form von Abschlussnoten müssen nach den Inhalten und Normen stattfinden, die das staatliche Schulsystem als allgemeingültig vorgibt. Und noch immer bildet der anerkannte Schulabschluss praktisch die wichtigste Voraussetzung für die weitere berufliche Perspektive. Auch die alternative Schulpädagogik mit all ihren unterschiedlichen Reformmodellen ist daher genötigt, in dieses System der Leistungseinteilung und staatlich festgelegten Prüfungen einzumünden.
Varianten der Geschichte von der Tierschule
Von der Parabel über die Schule der Tiere finden sich im Netz viele Ausschmückungen und Weiterverbreitungen, die im wesentlichen auf zwei neueren, leicht unterschiedlichen Varianten beruhen. Deren gemeinsame Quelle12 stammt von 1995, ist also bereits jünger als die von uns wiedergegebene Version. In beiden Varianten gibt es ein paar mehr Fächer und mehr Tiere. Ihr Inhalt: Aufgrund der unterschiedlichen Veranlagungen der Tiere kommt es dort häufig zu bloß durchschnittlichen bis schlechten Noten, gar zu einzelnen Schulabgängen wegen Schlechtleistungen und Motivationsverlust. Beide Varianten münden in die Schluss-Szene, dass ein „anormaler Aal“, der alles nicht gut, aber alles ein wenig konnte, am Ende des Schuljahres „als Schulbester die Schlussansprache“ hielt.13 Die Aufmerksamkeit der Schilderungen im einzelnen richtet sich auf die (unangemessene) Benotung der Leistungen bis zum Schulversagen und gipfelt in der ungerechten Bestbeurteilung des Aals.
Diese Varianten behalten die Kritik bei, dass derart vorgegebene Lerninhalte und -methoden den verschiedenen Individuen in der Zielgruppe der Schüler nicht gerecht werden; dass sie für die meisten zwanghaft bis unzumutbar sind. Aber sie steuern die Blickrichtung auf die Ungerechtigkeit der Leistungsbeurteilung. Aus diesem Grund plädieren sie indirekt hauptsächlich für eine stärkere fachliche Differenzierung.14 Damit bleibt unausgesprochen wie selbstverständlich vorausgesetzt, dass die Schule beurteilt und sortiert; kritisiert werden primär die unangemessen pauschalen Kriterien, das Wie.
In einem Schul- und Sozialsystem, in dem Nachkommastellen bei den Schulnoten über Studienzugänge entscheiden, ist eine solche Sichtweise sicherlich nachvollziehbar; und die Kämpfe um jene Nachkommastellen im einzelnen haben vielen Beteiligten die Grenzen der „Objektivität“ von Zensuren anschaulich vor Augen geführt. In den Varianten werden „Kollateralschäden“ in den Psychen der SchülerInnen zwar ebenfalls benannt, gehen aber nicht in die zentrale Schlussfolgerung ein. Damit verblasst auch das Problem der mangelnden Integrationsfähigkeit des Schulsystems angesichts unterschiedlicher, prinzipiell individueller Voraussetzungen. So geraten die gesellschaftlichen Folgen missratener Anpassung, etwa in Form von psychischer Krankheit, Ausgrenzung und/oder sozialwidrigem Verhalten, aus dem Blick.15
Ausblick
Die Lehrerin, die zu Anfang im Radio aus ihrer Reformschule berichtete und dabei die Geschichte von der Schule der Tiere erzählte, wurde gefragt, ob sie denn so ganz ohne Normen und Zensuren nicht mächtige Disziplinprobleme habe. Nein, lachte sie, Disziplinprobleme hätte sie nicht – im Gegenteil, wenn sie einer Lerngruppe mit Rat und Informationen weitergeholfen hatte, bedankten sich die Schüler oft noch höflich bei ihr.
Es bleibt die Frage, wie eine Schule für die Tiere aussehen könnte, damit sie wieder zur Schule gehen. Und sollten wir eine solche Schule dann nicht auch den Menschenkindern gönnen?
Erläuterungen und Anmerkungen
Zur Entstehung des Textes: Der Autor hat jene Geschichte seinerzeit auf einer nächtlichen Autofahrt im Radio gehört und sich kurze Zeit danach notiert. Angesichts des aktuell erneuten Unbehagens und vermehrter Kritik an unseren herkömmlichen Schulen scheint es gerechtfertigt, diese kleine Parabel nicht dem Vergessen anheimzugeben. Die durchweg jüngeren Varianten im Netz haben eine andere, enger zugespitzte Stoßrichtung (was ihr gutes Recht ist) und können daher die hier vorgestellte Version nicht ersetzen. Der Ursprung der Erzählung (etwa gar in den 1920er Jahren des reformpädagogischen Aufbruchs?)16 bleibt geheimnisvoll im Ungewissen.
- Der Sender war mit hoher Wahrscheinlichkeit Deutschlandradio Kultur, der zu dieser Zeit eine Blüte erlebte. Andere Versionen dieser Geschichte sind jüngeren Datums, siehe unten, 4. Varianten der Geschichte von der Tierschule.
- Zu Entwicklung und Grundlagen des Schulsystems siehe auch die Cosmiq-Beiträge über die Umerziehung von Linkshändern sowie, umfassender, über die Schlange als Symbol von Strafe und Erziehung.
- Heinrich Pestalozzi lebte 1746 – 1827. Auch er lehnte z.B. Zensurengebung ab. Davon sind diejenigen, die sich auf ihn berufen, dann allerdings meist abgewichen. Sie sahen die Leistungsbeurteilung als gesellschaftlich unumgängliches Erfordernis an. Viele pädagogische Ansätze beziehen sich im allgemeineren auch auf den Philosophen aus der Zeit der Aufklärung Jean-Jacques Rousseau.
- Einzelheiten, auch die folgenden Infos im Wikipedia-Eintrag Summerhill
- Die Neue Schule Hellerau ging dann in der Folgezeit allerdings eigene Wege, nämlich doch wieder in der sehr deutschen Tradition der „Charakterformung“. Man trug alternative Klamotten der Wandervogel-Bewegung und lehnte alltägliche oberflächliche Gelüste ab, wie sie etwa in Foxtrott, Tabak, Alkohol und in Kino-Filmen zum Ausdruck kämen. Aus diesen Gründen jedenfalls trennte ihr Gründer A.S. Neill sich und seine Schule Summerhill von ihnen. Sein Versuch, 1923 in Österreich einen Ableger in Form einer Privatschule zu gründen, scheiterte am Widerstand der örtlichen Bevölkerung und der Schulbehörden.
- „Selbstregulative Erziehung“ verweist heutzutage eher auf Ansätze der Systemtheorie (z.B. Maturana, Bateson und Luhmann). Die Formulierung der „selbstregulativen Erziehung“ erinnert frappant an deren zentralen Begriff der Autopoiesis. Mit „Autopoiesis“ ist grob verkürzt gemeint: die (Tendenz und Fähigkeit zur) Selbstregulierung und Selbstoptimierung von Systemen aller Art. Allerdings entstand der pädagogische Ansatz von A.S. Neill deutlich vor der Durchsetzung moderner Systemtheorien im wissenschaftlichen Diskurs.
- Die Originalausgabe erschien 1960 unter dem Titel „Summerhill, A Radical Approach to Child Rearing“ nicht in England, sondern in New York bei Hart Publishing Co., wobei dem Verleger Hart die nicht unerhebliche redaktionelle Rolle zukam, das Buch aus vier verschiedenen Publikationen von Neill zusammenzustellen [so die Widmung des Autors im Vorspann des Buches]. Das Buch wurde in den USA und England ein Bestseller. Die deutsche Übersetzung von 1965 unter dem Titel „Erziehung in Summerhill, das revolutionäre Beispiel einer freien Schule“ (Szczesny Verlag) hingegen floppte. Die Neuveröffentlichung unter dem Titel „Theorie und Praxis der antiautoritären Erziehung“ erreichte 1969/1970 als Taschenbuch binnen Monaten eine Auflage von mehreren Hunderttausend Exemplaren. Die in Titel und Rezeption nahegelegte Verbindung zur politisch-revolutionären Strömung der „1968er“ ist irreführend: A.S. Neill verstand sich nicht als politischer Umstürzler von gesellschaftlichen Institutionen, sondern erhoffte sich gesellschaftliche Änderung in kleinen Schritten durch eine neue Erziehung. Wie „autoritär“ oder „antiautoritär“ die Schule in Summerhill im einzelnen geregelt sein solle, war immer wieder Gegenstand der Diskussionen auf den Schulversammlungen anhand alltäglich-praktischer Erfahrungen, durchaus lernbedingt mit wechselnden Ergebnissen.
- Der Leistungsdruck äußert sich im schulischen Bereich anschaulich in lebensentscheidenden Abiturnoten mit Nachkommastellen. Trotz aller schulpolitischen Reformanstrengungen seit den 1970ern zur Durchlässigkeit des Bildungssystems bemängeln viele Fachleute dennoch dessen begrenzte Erfolge. Es gelinge z.B. kaum oder zu wenig, Kinder aus sozial benachteiligten oder bildungsferneren Schichten zu integrieren und zu fördern. Gesellschaftlich haben diese Entwicklungen ihre Entsprechung in entgrenzter „High Performance“, im verschärften Kampf um auskömmliches Einkommen, um Chancen und Positionen, aber auch z.B. in verdichteten, permanent kontrollierten und bemessenen Arbeitsprozessen.
- Im allgemeinen ist diese Kritik nicht ganz neu: Schon der alternde Platon warnte vor zunehmender wirtschaftlicher und sozialer Ungleichheit als Hauptgefahr für Stabilität und Bestand von Gesellschaften.
- Die Rolle und Deformierung der (herkömmlichen) Schule als soziales Auswahl-System ist besonders augenfällig in dem hohen Stellenwert, der traditionell der Rechtschreibung beigemessen wurde. Aber auch innerhalb der Fächer besteht die Tendenz, Inhalte bzw. Schwerpunkte zu verschieben: etwa von der Erkenntnis von Zusammenhängen in Richtung auf abfragbares und damit eben „objektiv“ zu benotendes Wissen. Im Deutschunterricht z.B. von literarischen Inhalten zu grammatischen Begriffsanwendungen, in Geschichte zu Namen, Zahlen und Epochenbezeichnungen usw. Auch in den Naturwissenschaften drängen sich z.B. in Klausuren abfragbare Bezeichnungen immer noch gerne vor die Erkenntnis und Beschreibung von Abläufen und Zusammenhängen.
- Im Prinzip sind diese drei noch immer die relevanten Abschluss-Stufen, die auch heute noch weitgehend die Zugangsberechtigung zu weiterführender Berufsausbildung darstellen. Einzelheiten und Differenzierung bei Wikipedia/Schulabschluss
- Es handelt sich um die Beiträge: Die Schule der Tiere in grundschulmarkt.de und Das Curriculum der Tiere in Lernzeit.de von 06/2024. Trotz inhaltlich leichter Unterschiede geben beide als Quelle an: „Legasthenie muss kein Schicksal sein“ von E.-M. Soremba, Lehrerin ; Herder Verlag 1995. Verbreitet wurde die Geschichte dann auch in dem Sammelband „Hühnersuppe für die Seele“, Goldmann Verlag 1996. Als Autor ist dort ein George H. Reavis genannt. Darauf wiederum bezieht sich dann die gleichlautende Geschichte im Stolz-Verlag. Stärker abweichend gibt es eine ähnliche Parabel in einem privaten Blog aus Österreich von 2011, der sich wiederum auf einen anderen, nicht rückverfolgbaren privaten Blog eines Norbert Glaab bezieht.
- So wortgleich in den Varianten in grundschulmarkt.de und lernzeit.de [siehe Anm. 12]. Diese Varianten werden dann, z. T. wiederum mehr oder weniger variiert, im Netz weitergereicht und mit verschiedenen „Lehren“ versehen und ausgeschmückt. Die interpretatorischen Kontexte reichen dabei von einer „Vorbereitung auf den Krieg“ über Kritik an „Gleichmacherei“ bis zu Appellen an die innere Einstellung („besinne dich auf deine Stärken“ usw.). Einige solcher im Netz wurzellos weiterverbreiteten und ausgeschmückten Versionen haben schließlich gar keinen Bezug mehr zu dem ursprünglich kritischen reformpädagogischen Impuls der Geschichte. Insoweit können sie in der folgenden Auseinandersetzung unberücksichtigt bleiben.
- So auch die Kontexte der oben genannten Hauptvarianten [siehe Anm. 12]. Der Titel des angegebenen Quelltextes verweist dort thematisch auf die Legasthenie als Lern- und Leistungshemmnis. Die Version in den genannten privaten Blogs zielt bei den einzelnen Tieren noch zentraler auf das Resultat schlechter Noten in den jeweils dem Tier unangemessenen Fächern ab. In dem User-Portal gutefrage.de hingegen wird die Parabel zur Diskussion um die Frage der Inklusion mit pro und contra herangezogen. Als eine Lösungsrichtung wird dort die Forderung nach verstärkter Binnendifferenzierung der Klassen vorgeschlagen.
- Als vor Jahren eine Gruppe von SchülerInnen einen Amoklauf eines „Ehemaligen“ an ihrer Schule aufarbeitete und zu erklären versuchte, drückte es eine von ihnen, an die Lehrer gerichtet, ungefähr so aus: Natürlich, Ihr signalisiert, dass Ihr unsere Freunde seid, dass Ihr auf unserer Seite steht. Unter den Aufgabenblättern Eurer Klausuren steht „Viel Glück“, und oft liegt auch ein Bonbon dabei. Aber das ändert nichts daran, dass wir permanent Bestleistungen abliefern müssen, in Vorzeugnis-Zeiten oft mehrmals pro Woche, und ständig unter Konkurrenz- und Notenstress für die Abi-Note stehen.
in einem Gymnasium in Erfurt ereignete sich 2002 ein Amoklauf. Ein pointierter Kommentar dazu kritisiert dessen Verharmlosung zum bedauerlichen Einzelfall, um die Rechtfertigung des Auswahl- und Leistungsprinzips in Schule und Gesellschaft aufrecht erhalten zu können. - Nicht nur Inhalt und Aussage, sondern auch die unterschiedlichen im Netz kursierenden Varianten [siehe Anm. 12] samt kontextuell unterschiedlicher Interpretationen [siehe auch Anm. 13] lassen den Philologen vermuten, dass es sich jedenfalls um eine schon lang andauernde, in der Reformpädagogik wurzelnde mündliche Überlieferung handeln dürfte.