„Selig sind die geistig Armen denn ihnen ist das Himmelreich“ (Matthäus 5 3) – und wo bleibt der Rest? Eine Interpretation des Verses.

Die Bibelstelle „Selig sind die geistig Armen denn ihnen ist das Himmelreich“ aus dem Matthäus-Evangelium im Neuen Testament, Kapitel fünf, Vers drei, bietet viel Raum für Interpretationen. Die häufigste Annahme: offenbar kommen nur die etwas weniger begabten Menschen in den Himmel. Was die Bibelstelle wirklich aussagt, erfährst Du hier.

Die häufigste Deutung

Tatsächlich wird die Stelle im Evangelium oftmals so interpretiert, dass insbesondere die unbeschwerten Menschen den Weg in den Himmel finden. Die Annahme ist, dass sie nichts hinterfragen, über wenig Bildung und Wissen verfügen und sich folglich über aktuelle Zustände und Ereignisse keine Gedanken machen. Wer unwissend ist, ist glücklich und ohne Sorgen. Aber macht diese Deutung in einem religiösen Werk Sinn?
Eine weitere Möglichkeit der Interpretation wäre, dass Matthäus mit „geistig Armen“ Menschen mit einer geistigen Behinderung meint, die sich Gottes Wohlwollen sicher sein können und deshalb in den Himmel kommen. Sogar von Kindern, mit ihrer kindlichen Naivität ist häufig die Rede. Es wäre durchaus möglich, dass Gott für „schwächer gestellte Menschen“, einen Platz in seinem Himmelreich hat, aber was ist mit dem Rest der Menschheit? Ist ihnen der Platz im Himmel nicht sicher? Kann Matthäus wirklich seinen Satz so gemeint haben?

Der Blick ins Original hilft

Matthäus soll das Evangelium zwar in hebräischer Sprache geschrieben haben, doch viele ältere Schriften haben das Evangelium in Latein überliefert. Dort lautet die Stelle „Beati pauperes spiritu quoniam iprosum est regnum caelorum“ und offenbart den eigentlich Sinn. „Beati pauperes spiritu“ weist auf den religiösen Aspekt hin, denn „spiritu“ meint nicht „geistig“ im Sinne von begabt oder intelligent, sondern viel eher religiöse Geistlichkeit. Es ist folglich im Original nicht von „geistig Armen“ die Rede, gemeint sie die „geistlich Armen“. Es geht um die Menschen, die erkennen, dass sie eigentlich arm sind vor Gott, weil die Menschen auf seine Gnade und seine Vergebung angewiesen sind. Wer die Demut besitzt, diese Unterordnung und Abhängigkeit von Gott zu akzeptieren, dem wird ein Platz in dessen Himmelreich garantiert sein. Denn diese Menschen besitzen die richtige Einstellung und sind daher selig.

Der Spruch „Selig sind die geistig Armen, denn ihnen ist das Himmelreich“ ist eine Abwandlung des Originalzitates und gibt nicht den eigentlichen Sinn wieder, daher ist die Variante mit den „geistlich Armen“ viel aufschlussreicher und erleichtert die Interpretation.