Was sind Lobby-Gruppen? Lobbyismus in Deutschland

Lobbyismus bezeichnet die Einflussnahme organisierter Interessengruppen auf die Politik. Dies kann auf sanftem Weg (durch Beratung) oder durch härtere Methoden, wie die Androhung eines Streiks geschehen. Doch welche großen Lobbyverbände gibt es in Deutschland überhaupt und wie nehmen sie konkret Einfluss auf die Arbeit des Bundestags?

Von großen Unternehmen gewollte Entscheidungen an Spenden für Politiker zu verknüpfen ist natürlich nicht erlaubt. Dennoch können Lobbyisten großen Einfluss auf die Meinungsbildung der Parlamentarier ausüben. Häufig haben sie eine große Marktmacht und können durch Drohungen (Streik, Verlegung von Arbeitsplätzen ins Ausland, etc.) ihren Forderungen Nachdruck verleihen. Doch auch auf sanfterem Weg können sie ihr Ziel erreichen. Da Ministerien häufig nicht auf jedem Gebiet Fachleuchte beschäftigen, können Lobbyisten durch von ihnen (selektiv) aufbereitete Informationen die Meinung der Ministerien zu ihren Gunsten beeinflussen.

Seit 1972 führt der Bundestag eine öffentliche Liste über alle registrierten Lobbyverbände. Aktuell sind dort 2302 Verbände eingetragen – deutlich zu viele, um auf jeden einzeln einzugehen. Einzelne Unternehmen bspw. tauchen in dieser Liste jedoch gar nicht auf, ebenso wenig wie Budget und bearbeitete Themen. Im Folgenden wollen wir dennoch einen Blick auf drei der größten Lobbyverbände Deutschlands werfen.

Die großen Lobbyverbände – Pharma

Deutschland ist Heimat für einige große Pharmakonzerne. Jeder kennt mit Sicherheit Bayer oder Ratiopharm. Zusammengeschlossen haben sich ein Großteil der deutschen Medikamentenhersteller im „Verband forschender Arzneimittelhersteller“ (vfa). Der Erfolg des Verbandes lässt sich an den blanken Zahlen ablesen: von 1993 hat sich der Anteil patentgeschützer Medikamente am Gesamtabsatz vervierfacht. Als Beispiel für die Einflussnahme durch die vfa lässt sich das Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) sehen. Durch die Arbeit des Lobbyverbandes wurde das Gesetz, dass die Nützlichkeitsprüfung von Medikamenten vorsah, deutlich zum Vorteil der Pharmakonzerne abgeschwächt.

Deutschland – das Autoland Nr. 1

Der größte deutsche Lobbyverband ist der „Verband der Automobilindustrie“ (VDA). In ihm sind alle großen deutschen Autobauer vertreten – Volkswagen, Daimler, Audi, uvm. Und vor gar nicht allzu langer Zeit traten sie mit all ihrer Macht in Aktion. Nach der Dieselaffäre um manipulierte Abgaswerte sprachen die Cheflobbyisten höchstpersönlich im Kanzleramt vor, um die von der EU geforderten, strengeren Abgastests auszubremsen – mit Erfolg. Bei der endgültigen Entscheidung kam der Bundestag den Autoherstellern sehr weit entegegen.

Camel, West und Roth Händle

Viele Menschen rauchen täglich, obwohl es ihrer Gesundheit schadet. Dies ist mittlerweile zweifellos belegt. Eigentlich ist der schädliche Einfluss von Zigaretten schon lange bekannt, doch den Lobbyverbänden der Welt ist es lange Zeit gelungen, diese Tatsache in Zweifel zu ziehen. In den 80er und 90er Jahren wandten die Konzerne viel Geld auf, um Politiker und Journalisten durch bspw. hoch dotierte Beraterverträge auf ihre Seite zu ziehen. Zudem bezahlten sie Wissenschaftler, um Ergebnisse, die die Gefahr des Rauchens herunterspielten, zu veröffentlich (Affäre Rylander). So schafften sie es jahrelang staatliche Regulierungsmaßnahmen zu verhindern. Auch noch bis heute haben sie großen Einfluss. So schafft es der Deutsche Zigarettenverband (DZV) nach wie vor die Einschränkung von Tabakwerbung in Deutschland deutlich geringer zu halten, als dies in anderen EU-Staaten der Fall ist.